
Sommersemester 2010
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Lehrveranstaltung Reformstudiengang Medizin im Sommersemester 2010
Integration traditioneller Heilkunde in moderne Gesundheitssysteme - Diskussion zum Für und Wider der Chinesischen Medizin im deutschen Gesundheitssystem
Seminar 3
Seit mehreren Jahrzehnten gibt es einen rasanten Wandel in unserem Gesundheitssystem in Bezug auf den Umgang mit sogenannten Naturheilverfahren, der Komplementärmedizin oder alternativen Heilverfahren. Ihre Zuordnung zu Wellness, Heilkunde und Medizin ist dabei fließend. Im Zuge einer angeblich patientenorientierten Medizin werden diese Verfahren dem Patienten, der zunehmend als Kunde betrachtet wird, auch von Krankenhäusern und medizinischen Institutionen angeboten und von Ausbildungseinrichtungen der "Schulmedizin" beforscht und unterrichtet.
In diesem Seminar sollen am Beispiel der Chinesischen Medizin und ihrer Rezeption in Deutschland grundsätzliche Fragen nach dem Wesen und Wandel von Medizin und Heilkunde gestellt werden. In der Entwicklung der Chinesischen Medizin im 20. Jahrhundert und ihrer Rezeption im Westen lassen sich dabei exemplarisch Faktoren erkennen, die für den Wandel von Gesundheitssystemen und das Aufkommen neuer Verfahren und Vorstellungen verantwortlich sind. Gerade die Auseinandersetzung über den Sinn und Nutzen der Akupunktur und die Diskussion ihrer Eingliederung ins solidarisch finanzierte System der Krankenkassen wirft spannende Fragen nach dem möglichen Status dieser Art von Heilkunde in einer
ausdifferenzierten, von unterschiedlichsten Krankheits- und Körpervorstellungen geprägten Gesellschaft auf.
Lernziele:
- Wissensvermittlung über die Charakteristika, Wandlungen, Geschichte, Wesen der Chinesischen Medizin und ihre Einbettung in den soziokulturellen Kontext in China und mögliche Gründe für ihre Rezeption in Europa
- Diskussion über Wandel von Medizinsystemen
- Abgrenzung Heilkunde und Medizin
Inhalt:
Fragen, die zur Diskussion gestellt werden:
- Was ist Chinesische Medizin? (im Westen und möglicher Unterschied zur VR China)
- Was ist wissenschaftliche Heilkunde?
- In welchem Maß darf/kann/sollte ein Gesundheitswesen auch solche Heilverfahren
- tolerieren/integrieren, die wissenschaftlich nicht legitimiert sind?
- Wie beurteilen Sie die Möglichkeit wissenschaftlicher Forschung in der Chinesischen Medizin?
- Wodurch legitimiert sich die Chinesische Medizin in Deutschland?
- Worin besteht der Nutzen der Chinesischen Medizin für Patienten, Anwender, Krankenkassen,
- staatliche Akteure?
- Worin bestehen die Probleme einer universitären Lehre der Chinesischen Medizin?
Ablaufplan:
5 einleitende Vorträge, dann studentische Beiträge mit ausführlicher Diskussion, in den späteren Sitzungen wird die Klasse in zwei Gruppen der Skeptiker und Befürworter der Chinesischen Medizin geteilt und mit entsprechend argumentierenden Texten versorgt. Die aus dieser Lektüre und selbständiger Recherche gewonnenen Argumente werden in einer geleiteten Diskussion als Standpunkte zweier politischer Parteien gegenübergestellt und in der Auseinandersetzung geschärft. Das letztendliche Ziel besteht dann in der Ausarbeitung einer konzisen Darstellung der jeweiligen Standpunkte und der angestrebten Maßnahmen in Bezug auf die künftige Entwicklung der Chinesischen Medizin in Deutschland in Form einer fiktiven Eingabe an das Gesundheitsministeriums.
Didaktische Gestaltung:
häusliche Textarbeit, studentische Vorträge mit konkretem Feedback zur Präsentation, geleitete und strukturierte zielorientierte Diskussion, Ausarbeitung eines fiktiven gesundheitspolitischen Gestaltungsvorschlages in Gruppenarbeit.
Form der Leistungsnachweise:
Referate, Diskussionsbeiträge, sowie bei Bedarf Hausarbeiten
Zeitraum und Beginn
Beginn am 15. April 2010
Jeden Donnerstag von 17:00 - 18:30 Uhr
Literatur:
Was ist Medizin? Westliche und östliche Wege der Heilkunst
Unschuld, Paul U., München, C.H. Beck Verlag, 2003
Ware Gesundheit - Das Ende der klassischen Medizin
Unschuld, Paul U., München, C.H. Beck Verlag 2009
Paradigma der Medizin im 21. Jahrhundert
Unger, Felix, Berlin, Springer, 2006